Lebendiger Digitaler Zwilling

Echtzeitdaten von der Baustelle im BIM

Ein lebendiger Digitaler Zwilling ist ein dynamisches Modell eines Bauprojekts, das alle aktuellen Informationen integriert, in Echtzeit aus diversen Quellen aktualisiert wird und durch Algorithmen und maschinelles Lernen genutzt wird, um Bauprozesse zu automatisieren und Risiken zu minimieren.

15.08.2023, Lesedauer 5 Min.

Ein lebendiger Digitaler Zwilling ist ein dynamisches Modell eines Bauprojekts, das alle aktuellen Informationen integriert, in Echtzeit aus diversen Quellen aktualisiert wird und durch Algorithmen und maschinelles Lernen genutzt wird, um Bauprozesse zu automatisieren und Risiken zu minimieren.

15.08.2023, Lesedauer 5 Min.

Was ist ein lebendiger digitaler Zwilling?

Ein lebendiger Digitaler Zwilling repräsentiert ein dynamisches Modell eines Bauprojekts. Er geht über eine einfache digitale Darstellung des geplanten Objekts hinaus, indem er sämtliche relevanten Informationen über den aktuellen Baustand einbezieht. Aktualisierungen erfolgen in Echtzeit und stammen aus vielfältigen Quellen: Daten zur Baustellenbelegung, Zugangskontrollen, Bildaufnahmen von digitalen Kameras, Webcams, Drohnen und 360-Grad-Erfassungsgeräten sowie Bewegungsdaten von Maschinen und Robotern. Mithilfe von regelbasierten Algorithmen, Simulationen und maschinellem Lernen werden diese Daten verarbeitet. Das Hauptziel besteht darin, die Prozesse im Bauwesen zuverlässig zu automatisieren und somit technische und kaufmännische Risiken zu minimieren.

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Abbildung: Der lebendige digitale Zwilling kombiniert Planungsdaten wie 3D-Geometrien, Bemusterung, Kosten und Zeitverlauf. Hinzu kommen Echtzeitdaten von Erfassungsgeräten und Maschinen, einschließlich DIGIBAU 360, Webcams, digitalen Kameras und Robotersystemen (eigene Darstellung).

Ein anschauliches Beispiel für den Einsatz eines lebendigen Digitalen Zwillings findet sich in der Rechnungsprüfung. In einer ersten IT-gestützten Phase könnten aktuelle Bildaufnahmen, etwa 360°-Ansichten, direkt neben den zugehörigen Rechnungspositionen angezeigt werden. Dadurch erhält der Prüfer direkt einen Überblick über den aktuellen Baufortschritt und die tatsächlich erbrachten Leistungen. Ein fortgeschrittener Ansatz nutzt künstliche Intelligenz, um den Fortschritt direkt aus den Bildern zu ermitteln und offene Aufgaben oder Mängel zu visualisieren, was die Rechnungsprüfung effizienter gestaltet. Bei umfangreicheren Prüfverfahren könnte eine solche Automatisierung äußerst vorteilhaft sein.

Darüber hinaus kann der lebendige Digitale Zwilling auch zur Vorhersage zukünftiger Baufortschritte genutzt werden. Durch die Analyse historischer Daten und aktueller Baufortschritte könnte ein KI-gestützter lebendiger Digitaler Zwilling mögliche Verzögerungen oder Probleme vorhersagen, bevor sie auftreten. Dies würde nicht nur die Effizienz der Rechnungsprüfung verbessern, sondern auch dazu beitragen, das gesamte Bauprojekt reibungsloser und kosteneffizienter zu gestalten. Letztendlich könnte der Einsatz von Lebendigen Digitalen Zwillingen in der Rechnungsprüfung dazu beitragen, die Transparenz zu erhöhen, Betrug zu verhindern und die allgemeine Zufriedenheit aller Beteiligten zu verbessern.

Lebendiger digitaler Zwilling für die technische Bau-QS

Die technische Qualitätssicherung erfordert eine fortgeschrittene Erfassung und Analyse von Echtzeitdaten vom Bauort. Diese Daten können sowohl manuell als auch automatisch ausgewertet werden. Mit einer virtuellen Baubegehung können Experten Abweichungen leichter identifizieren und in einer komfortablen Umgebung, ob im Büro oder von zu Hause aus, effizient prüfen und protokollieren. Diese Methode erleichtert auch kollaborative Bewertungen, da Fachleute aus verschiedenen Bereichen mittels Webkonferenz gemeinsam ein Projekt begutachten können, ohne vor Ort präsent zu sein.

Automatisierte technische Überprüfungen mithilfe von Künstlicher Intelligenz sind in vielen Bereichen anwendbar. Das BMWE-geförderte Forschungsprojekt ESKIMO-System hat bereits die automatische Erkennung optischer Mängel wie Kratzer und Risse demonstriert [KrRo-21]. Algorithmen zur Objekterkennung ermöglichen auch den Vergleich zwischen geplanten und tatsächlichen Leistungen, was besonders bei Verzögerungen und Problemen von großem Nutzen ist.

Zudem ermöglicht die Nutzung von lebendigen Digitalen Zwillingen eine bessere Planung und Vorhersage von Projekten, was zu einer verbesserten Projektleistung führt. Schließlich kann die Integration von KI und lebedingen Digitalen Zwillingen in die Qualitätssicherung dazu beitragen, die Zufriedenheit der Stakeholder zu erhöhen und das Risiko von Projektausfällen zu minimieren. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen diese Technologien in ihre Qualitätssicherungsprozesse integrieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit in der sich ständig verändernden Bauindustrie zu erhalten und zu verbessern.

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Abbildung: Visualisierung einer virtuellen Inspektion via DIGIBAU 360, inklusive Vergleich von Plan- und Ist-Zustand, Zeitachse und direkter Aufgabenerfassung.

Das Helmkamerasystem DIGIBAU 360: Ein digitaler Blick in Echtzeit

Das DIGIBAU 360-System stellt Echtzeitdaten für einen lebendigen Digitalen Zwilling einer Baustelle bereit und ist dabei nahtlos in einen Standard-Bauhelm integriert. Es erfüllt sämtliche Baugewerbe-Standards und ist mit Sensoren für 360°-Bildaufnahmen, Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit ausgestattet. Hervorzuheben ist seine Benutzerfreundlichkeit: Ob manuell oder automatisch, es ermöglicht eine intuitive Erfassung des Baufortschritts. Im manuellen Modus wird einfach ein Punkt auf dem Grundriss ausgewählt und eine 360°-Aufnahme gemacht, die dann dem passenden Abschnitt im 3D-BIM-Modell zugeordnet wird. Der automatische Modus erfordert keinerlei Benutzereingaben.

Die so generierten Aufnahmen bieten eine umfassende Visualisierung der Baustelle, inklusive aller Blickwinkel – selbst derer, die zuvor vielleicht übersehen wurden. Visuelles Feedback gewährleistet die lückenlose Erfassung sämtlicher Bereiche.

Lebendiger-Digitaler-Zwilling.png

Abbildung: DIGIBAU360 im Einsatz mit der Bau-Fotos App auf einem Tablet. Hier entsteht gerade ein lebendiger Digitaler Zwilling.

Das DIGIBAU 360-System fördert eine effiziente Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Projektbeteiligten. Durch die Bereitstellung von Echtzeitdaten können alle Beteiligten den aktuellen Stand des Projekts einsehen und bei Bedarf sofortige Anpassungen vornehmen. Dies führt zu einer verbesserten Projektkoordination und -effizienz. Zudem ermöglicht die Integration von Sensoren eine kontinuierliche Überwachung der Umgebungsbedingungen, was zur Sicherheit und Gesundheit der Arbeiter beiträgt. Schließlich trägt die Verwendung des DIGIBAU 360-Systems dazu bei, die Genauigkeit der Projektdokumentation zu verbessern und potenzielle Konflikte oder Missverständnisse zu minimieren. Es ist ein unverzichtbares Werkzeug für das moderne Baugewerbe.

Zukunft der Baubranche: Der lebendige digitale Zwilling

Die Zukunft der lebendigen digitalen Zwillinge in der Baubranche ist vielversprechend. Mit fortschrittlicher KI und maschinellem Lernen werden sie immer genauer und effizienter in der Modellierung und Vorhersage von Bauprojekten. Sie könnten eine entscheidende Rolle bei der vorausschauenden Wartung von Gebäuden und Infrastrukturen spielen, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führen kann.

Die fortschreitende Digitalisierung der Baubranche wird den Einsatz von lebendigen digitalen Zwillingen weiter vorantreiben. Sie könnten zur Standardmethode für die Planung, Überwachung und Wartung von Bauprojekten werden. Mit der Integration von Technologien wie IoT, KI und Big Data könnten lebendige digitale Zwillinge in Echtzeit auf Veränderungen reagieren und sofortige Anpassungen ermöglichen. Dies könnte zu einer verbesserten Effizienz, geringeren Kosten und einer höheren Qualität der Bauwerke führen.

Trotz der Herausforderungen sind die Möglichkeiten für die Baubranche endlos. Sie könnten dazu beitragen, die Baubranche effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger zu gestalten. Es ist eine aufregende Zeit für die Baubranche, und wir freuen uns darauf, zu sehen, wie sich diese Technologie weiterentwickelt und die Branche verändert.

Autor: Dipl.-Ing. Konstantin Krahtov